Rundgang durch die Weiler

Geschichtlicher Rundgang durch die Weiler

Reuthe dürfte historisch zu den interessantesten Gemeinden im Bregenzerwald bzw. im Hinterbregenzerwald zählen. Ursprünglich bis ca. ins 17. Jahrhundert war es Ellenbogen. Man kann heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, woher der Name kam. Es gibt verschiedene Legenden. Das wahrscheinlichste ist die Verbindung Bezau-Bizau, die sich wie eine Ellboge um den Exhalderstein zieht. Durch das weitere Roden (Schwenden - Ausreuten) entstanden mit sicherheit der Ortsanme Reuthe (das man heute mit "th" schreibt). Die Parzelle Ellenbogen, die an Reuthe grenzt und jetzt zur Gemeinde Bezau gehört, dürfte vor diesen hunterten von Jahren der Anfang von Reuthe gewesen sein. Reuthe war die Tochterpfarre von Andelsbuch, somit die älteste Kirche und Pfarre vom Hinterbregenzerwald, also hinter der Bezegg. Anfangs war eine hölzerne Kapelle (700 Jahre alt), dann wurde 1284 eine Kirche gebaut, eingeweiht und bald zur Pfarre ernannt. 

Auch zur Kirche gibt es eine Geschichte: Die Kirche steht auf einer herrlichen Anhöhe im Ortsteil Vorderreuthe. Dieser Platz soll auf interessante Weise ausgesucht worden sein. Da sich die Erbauer nicht einig waren, haben sie zwei Ochsen eingespannt und angetrieben. Wo die Ochsen zuerst stehen bleiben soll die Kirche gebaut werden. Die Ochsen sind genau auf der Anhöhe stehen geblieben. Also war es gut, kein Mensch hätte einen schöneren Platz gefunden.

Noch eine Besonderheit zu Kirche: Durch den originellen Turm ging der Weg nach Bizau, sicher ein Saumweg dem Exhalder entlang nach Bizau. Heute ist dort der Eingang zur Sakristei. In der Kirche ist der Chorraum mit Fresken bemalt, die zur Zeit des Analphabetentums dazu dienten durch Bilder den Glauben weiterzugeben.

Vom Kirchplatz aus kann man das bekannte Gesundhotel Bad Reuthe sehen, welches seit 1828 im Ortsteil Bad ansässig ist.

Vorbei am Betriebsgebiet der Firma Mayr Melnhof gelangt man über die Herburg in den Ortsteil Hinterreuthe. Schon von der Anhöhe sieht man das Dörfchen mit der Kapelle aus dem ca. 15. Jahrhundert. Hinterreuthe war kirchlich bis 1722 zur Pfarre Egg gehörig.

Auch hier gibt es eine Geschichte zu einer interessanten Entdeckung: Ein Jagdaufseher aus Hinterreuthe hat 1921 auf dem gegenüberliegenden Dürrenbergschrofen ein Rudel Gemsen beobachtet. Plötzlich waren sie ihm unerklärlich auf einmal verschwunden. Später sah er sie am Fuß des Felsens äsen. Er wollte nun natürlich genauer wissen und erkundete tags darauf das Gelände. Nach genauer Untersuchung des Felsens ist er auf eine Höhle gestoßen, in welcher er verschiedene Gebeine und Schädel fand. In seinem Rucksack verpackt nahm er sie zur Untersuchung mit ins Tal. Die Erforschungen haben ergeben, dass es Steinbock- und Bärengebeine waren. So kam die Bärenhöhle in Reuthe zu ihrem Namen.

Die Ortsteile Platten, Baien und Hof liegen auf der anderen Seite der Bregenzerache un gehörten bis ca. 1710-1760 zur Schwarzenberger Pfarre. Aufgrund der weiten Kirchwege wurden in allen Weilern Kapellen erbaut, die heute noch erhalten und gepflegt werden.

Erwähnenswert ist auch das Schulbauwesen in Reuthe. Bereits seit 1765 bzw. 1790 gab es in Reuthe schon zwei Schulen. Die Erste in Baien, dann auch in Vorderreuthe zu der auch Hinterreuthe zugehörig war. Beide Schulen wurden einklassig geführt. Alle 8 Jahrgänge wurden in einer Klasse mit einem Lehrer unterrichtet. Aus finanziellen Gründen konnte man jahrelang nur einen Lehrer beschäftigen. Da die einzelnen Weiler sehr weit auseinander liegen und dass nicht immer die gleichen Kinder den weiten Schulweg haben, ist man jeden Monat mit Sack und Pack umgezogen. Auf einem Leiterwagen, in Kisten verpackt, hat man die nötigen Bücher, Landkarten, die Schultafel, manchmal auch Bänke aufgeladen. "Zugpferde" waren natürlich die Schüler, welche bei diesen Umzügen auch viel Spaß hatten. Bis zu 70 Schüler waren in der Klasse, für heutige Verhältnisse unvorstellbar. Auch ich selber war bis 1941 an dieser Schule. In Holzschuhen sind wir zur Schule gegangen. In Reih und Glied standen diese vor der Stiege, viele gingen auch barfuß.

Ja, da wäre noch viel zu erzählen ... von der guten alten Zeit

(Auszug aus dem Bericht über Reuthe, verfasst von Katharina Felder, Baien 34, im Jahr 1995)

... zum Ortsnamen

Viele Ortsnamen und Örtlichkeiten finden eine Erklärung in den Namen von ehemaligen Adelsgeschlechtern und frühesten Kolonisten. So auch Reuthe, denn bis um 1450 hieß der heutige Dorfmittelpunkt mit der Kirchen von 1284 Ellenbogen. Das ist der Name eines alten, aus dem Schwarzwald-Kinzigtal stammenden Adelsgeschlechtes und Untervogtes der Habsburger. Das österreichische Bindeschild befindet sich über dem heute noch teilweise im Original erhaltenen Sakramentshäuschen in der Kirche.

Der Weiler Hof hat seinen Namen von einem klösterlichen Wirtschaftshof, der Weiler Baien von den Herren von Paygern, Hinterreuthe hieß früher wohl Steigersrüti und Platten, Berg und Herburg sind wiederum die Namen von ehemaligen Burgherren aus dem schweizerischen Rheintal. 

Der Sammeldorfname Reuthe für alle vorhin genannten Örtlichkeiten entstand um 1400, als nämlich im heutigen Vorderreuthe eine Spätrodung stattfand; erstmals heißt es urkundlich 1453 "in der öden Rütty".

... zur Pfarre und Kirche

Die Pfarrkirche Reuthe wurde 1284 erbaut und ist die älteste Kirche des Hinterwaldes. Die Kirche von Reuthe war früher auch die Mutterpfarre von Au, Schnepfau und Bizau. Unsere zwei größten Weiler, Baien und Hof, gehörten damals zur Mutterpfarre Schwarzenberg. Das heißt die Bevölkerung von Au, Schnepfau und Bizau musste nach Reuthe in die Kirche, die Bewohner von Baien und Hof nach Schwarzenberg.

Kulturhistorisch und kirchlich hat Reuthe eine besondere Stellung. In der alten, äußerlich schon auffallenden Kirche mit dem gotischen Turm sind u. a. freigelegte Wandmalereien in Freskomanier zu sehen. Im Landesmuseum sind wertvolle Plastiken und der "Lukretia-Bildteppich 1556" aus Reuthe aufbewahrt. Auch in Privathäusern befinden sich wertvolle Stücke. 

...berühmte Söhne der Gemeinde 

Bildhauer Johann Peter Kaufmann (1764-1920)
Bildhauer Georg Feuerstein (1840-1904)